Die Schweiz fällt nicht in den Anwendungsbereich der RL 2000/26/EG. Um Verkehrsunfallopfer trotzdem in den Genuss der wichtigsten Besucherschutzbestimmungen kommen zu lassen, schloss das NVB gestützt auf die Kompetenz, die ihm gemäss Art. 76b Abs. 5 lit. b SVG zusteht, mit sämtlichen zuständigen Einrichtungen der EWR-Mitgliedstaaten privatrechtliche bilaterale Besucherschutz-Abkommen ab.
Die Abkommen sind angelehnt an die Bestimmungen der RL 2000/26/EG. Abkommen mit Informationsaustausch (Karte oben: hellblau gefärbte Staaten) sehen vor, dass die Auskunftsstellen der Vertragsstaaten den Betroffenen die notwendigen Auskünfte erteilen, damit diese ihre Ansprüche geltend machen können. Abkommen mit Schadenregulierung im Wohnsitzstaat (Karte oben: dunkelblau gefärbte Staaten) verlangen zusätzlich die Ernennung von Schadenregulierungsbeauftragten im jeweiligen anderen Vertragsstaat, welche die Forderungen von Geschädigten entgegennehmen. Der Zugang zu den Entschädigungsstellen ist in allen bilateralen Besucherschutz-Abkommen jedoch ausdrücklich ausgeschlossen.
Die Besucherschutz-Abkommen mit Informationsaustausch sehen vor, dass Geschädigte nach Verkehrsunfällen durch die Auskunftsstellen Unterstützung bei der Identifizierung der zuständigen Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherer und weitere Auskünfte erhalten. Es soll eine möglichst rasche und unkomplizierte Schadenregulierung zu Gunsten der Geschädigten sichergestellt werden. Das Verfahren wird durch das Auskunftsgesuch von Geschädigten an das Versicherungsbüro ihres Wohnsitzes in die Wege geleitet. Dieses Versicherungsbüro nimmt nach Entgegennahme des Gesuchs entweder mit dem Versicherungsbüro, auf dessen Gebiet das unfallverursachende Fahrzeug registriert wurde, oder mit dem Versicherungsbüro, auf dessen Gebiet der Unfall stattgefunden hat, Kontakt auf, um folgende Informationen zu Hd. der Geschädigten einzuholen:
Das NVB hat mit den Versicherungsbüros der folgenden Staaten Besucherschutz-Abkommen mit Informationsaustausch abgeschlossen:
In Kraft seit:
09.05.2014
Marokko, Türkei, Ukraine
01.01.2016
Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Moldawien, Montenegro, Serbien, Tunesien, Weissrussland
01.07.2016
Andorra
Haben die Versicherungsbüros zweier Staaten ein Besucherschutz-Abkommen mit Schadenregulierung im Wohnsitzstaat unterzeichnet, sind die Versicherungsgesellschaften dieser Staaten befugt, im jeweiligen anderen Staat Schadenregulierungsbeauftragte zu ernennen. Diese Schadenregulierungsbeauftragten sind unter den folgenden Voraussetzungen zuständig, um Forderungen von Geschädigten zu regulieren:
Die Schadenregulierung erfolgt nach Massgabe des anwendbaren Rechts. Voraussetzungslose Anerkennungen oder endgültige Abwicklungen bedürfen des Einverständnisses des zuständigen Versicherers. Der Versicherer kann den Schadenfall dem durch ihn ernannten Schadenregulierungsbeauftragten jederzeit wieder entziehen. Er darf dieses Recht jedoch nicht dazu missbrauchen, um berechtigte Ansprüche der Geschädigten zu kürzen. Wo kein Schadenregulierungsbeauftragter ernannt wurde, kann diese Rolle mit dem Einverständnis des zuständigen Versicherers durch das Versicherungsbüro des Wohnsitzstaates der Geschädigten wahrgenommen werden. Der Versicherer kann den Schadenfall auch dem Versicherungsbüro jederzeit wieder entziehen. Die Abkommen sehen weder eine Sanktionierung des Versicherers noch des Schadenregulierungsbeauftragten vor, wenn den Geschädigten keine begründete Antwort auf eine geltend gemachte Forderung erteilt wurde. Die Abkommen sehen auch keine Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen oder Möglichkeiten für einen Fallentzug bei Versäumnissen vor. Sie führen jedoch eine Meldepflicht der Versicherungsbüros untereinander für diejenigen Fälle ein, in denen die Schadenregulierung nicht ordentlich abläuft.
Das NVB hat Besucherschutz-Abkommen mit Schadenregulierung im Wohnsitzstaat mit den Versicherungsbüros der folgenden EWR-Staaten abgeschlossen:
In Kraft seit:
01.10.2003
Österreich, Deutschland
01.01.2004
Belgien, Spanien, Niederlande
01.05.2004
Tschechien, Estland, Ungarn, Polen, Slowakei
15.10.2004
Griechenland
01.01.2005
Frankreich
01.01.2006
Grossbritannien
30.03.2007
Malta
17.08.2007
Rumänien
25.09.2007
Zypern
01.01.2010
Italien
01.09.2016
Bulgarien, Dänemark, Finnland, Irland, Island, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Norwegen, Portugal, Schweden, Slowenien